Kostenloskultur im Outernet. Die Zukunft der Arbeit

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Immer wieder treibt es durch den Blätterwald: die Kostenloskultur im Internet sei schuld am Niedergang der Verwertungsindustrie. Niemand könne mehr davon leben, wenn alle alles kostenlos haben möchten, das müsse aufhören, so dass aus dem Netz eine große Shopping Mall würde, in der alles bezahlt werden muss. Interessanterweise jammern da die am Lautesten, welche Neuland nur unwillig und erst als es sich nicht mehr vermeiden ließ, betreten haben.

Die gleichen Akteure haben komischerweise nichts mehr gegen Kostenloskultur,wenn sie ausserhalb Neulands stattfindet. Da wird zu ehrenamtlicher Arbeit aufgerufen – da sollen Freiwillige im Kindergarten arbeiten, Sterbende begleiten oder Blumenbeete an öffentlichen Plätzen pflegen, öffentliche Bibliotheken oder Jugendtreffs betreuen. Eine Vielzahl für das Funktionieren der Gemeinschaft notwendiger Aufgaben werden aus dem Wirtschaftskreislauf ausgegliedert und ehrenamtlich wahrgenommen.

Auch sind viele für das Funktionieren der Gesellschaft notwendige Tätigkeiten traditionell aus dem Wirtschaftskreislauf herausgenommen, obwohl sie essentiell für das Funktionieren der Gesellschaft sind. Dazu gehören das Aufziehen und die Betreuung von Kindern nebst einem großen Teil der Erziehung. Durch die Herausnahme dieser Tätigkeiten aus dem Wortschaftskreislauf werden diese entwertet – sie gelten als “nicht gearbeitet”, als “Ausfallzeit” und werden weder bezahlt noch lösen sie Versorgungs- oder Rentenansprüche aus. Menschen, die mit großem Engagement essentielle, vitale Aufgaben übernehmen,, ohne die unsere Gesellschaft nicht lebensfähig wäre. Zum Dank dafür wird ihnen vorgeworfen, den anderen auf der Tasche zu liegen, sie werden sozial stigmatisiert.

Anscheinend ist es in Zeiten knapper kommunaler Finanzen ein sehr beliebtes Mittel, auf das freiwillige Engagement der Bürger zu setzen. Man spart vordergründig Geld und bekommt Aufgaben erledigt, die sonst nicht finanzierbar scheinen. Nicht bedacht wird dabei die daraus resultierende Vernichtung bezahlter Arbeitsmöglichkeiten, die ihrerseits wieder den Wohlstand und die Attraktivität der Kommune mindert und weitere Menschen der Möglichkeit beraubt, ein Einkommen aus bezahlter Arbeit zu erzielen. Nicht an Arbeit fehlt es, sondern an der Bereitschaft oder dem Vermögen, dafür zu bezahlen.

Es ist schizophren, einerseits Menschen in Arbeit zu zwingen und andererseits die Möglichkeiten immer weiter zu reduzieren, bezahlte Arbeit bekommen zu können. Es ist schizophren, Menschen auszubilden oder umzuschulen, um ihnen dann zu sagen, dass die Aufgaben, für die sie geschult wurden, von Freiwilligen unbezahlt erledigt werden sollen.

Wir stehen vor einem Scheideweg: Die Automatisierung ist mit dem Versprechen angetreten, uns von gefährlicher, belastender und mühsamer Arbeit zu befreien. Das gelingt immer mehr. Aber so lange Menschen darauf angewiesen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, geht das nach hinten los und verursacht existenzielle Probleme, statt “Komfortprobleme” zu lösen. Immer weniger Arbeit, die immer schlechter bezahlt wird, soll immer mehr Menschen ernähren, So wie es jetzt ist geht es jedenfalls nicht weiter.

2 Gedanken zu „Kostenloskultur im Outernet. Die Zukunft der Arbeit

  1. … Und dann kommt noch ein ganzer Berufszweig hinzu, die das freiwillige Engagement verwalten und fördern – selbstverständlich ihrerseits gegen Gehalt oder Beratungsstundensätze.

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