Ich weiss nicht, ob das jetzt nur mein subjektives Empfinden ist, aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass die Usability von Betriebssystemen, Computeranwendungen, Smartphone-Apps und ähnlichem Gelöte stagniert wenn nicht sogar zurückgeht.
To old to rock’n roll, too young to die?
Geräte, die beim Auspacken flott und agil wirkten, fangen nach moderater Nutzungszeit an, zu zicken und zu kriechen. Ein drei Jahre altes, damals cutting edge, Tablet wirkt behäbig, aktuelle Anwendungen laufen zäh und träge. Ein fünf Jahre altes Notebook wirkt zäh, obwohl nichts anderes darauf gemacht wird als vor fünf Jahren auch und der Arbeitsspeicher mal eben verdoppelt wurde, nur eben mit aktualisierter Software.
New kid on the block?
Übrigens würde ein Neugerät nicht zwangsläufig schneller sein – die Mobilprozessoren im unteren und mittleren Preisbereich optimieren eher auf Strom sparen als auf höhere Leistung. Die Kiste käme eben mit dem schmalen Akku eine Stunde länger aus, sonst würde sich nichts ändern. Eine die Performance deutlich fördernde SSD anstelle der Festplatte gäbe es auch erst in höheren Preisregionen (wobei ich da über eine Umrüstung nachdenke).
The circle of life
Zu diesen Erscheinungen im Gebrauch kommen Designfehler in der Software, die seit nerven, die seit etlichen Versionen mit sich herumgeschleppt werden. Ein paar Beispiele:
Das Android-Tablet hängt am Netzanschluss, hat WLAN und idelt vor sich hin. Das Netz ist wenig ausgelastet, es tut nichts. Kaum nimmt man es in die Hand, um nach der günstigsten Tankstelle, dem nächsten Zug, dem Wetter oder dem Kinoprogramm zu schauen, fängt es an, hektische Betriebsamkeit zu entwickeln, lädt Updates herunter, aktuellisiert Apps und ist auch sonst so beschäftigt, dass für die Wünsche und Anweisungen des Benutzers nur wenig Systemleistung übrig bleibt. Das ruckt und man wartet auf Daten, die Maschine ist auf einmal überlastet.
Der Windows-PC fährt hoch, rödelt vor sich hin, installiert Updates. Dann möchte der Virenscanner Updates, Windows selbst findet auch welche. Dann, wenn man endlich mit dem Ding arbeiten könnte, würde er gerne herunterfahren, um die Installation der Updates abzuschließen. Könnte man dies nicht verschieben, hätte man längst vergessen, was man überhaupt am PC wollte, bis er bereit für das, was der Nutzer möchte, wäre.
Die Linux-Kiste arbeitet vor sich hin, es sind einige Programme offen. Im Hintergrund wird ein Task (vielleicht das Konvertieren einer Videodatei) fertig, und das System möchte den Benutzer darüber benachrichtigen. Soweit, so gut – das möchte man nun auch wissen. Aber was tut das System? Es poppt ohne Rücksicht auf das flüssige Tippen des Nutzers ein Fenster mit seiner Statusmeldung auf, nimmt den Fokus vom Arbeitsfenster und setzt diesen auf das Infofenster. Wenn man Glück hat, hat man nur den letzten halben Satz vergeblich getippt, hat man Pech, hat man die Systemmeldung ungelesen weggeklickt oder irgend etwas anderes ausgelöst, für dessen Beseitigung man nun wieder Zeit braucht. Fokussiert arbeiten geht anders.
Roundabaout
Bisher hatte jegliches Gerät oder Betriebssystem, mit welchem ich gearbeitet habe, solche Allüren, die es frustrierend machen, es zu benutzen. Eine konsequente „Benutzer zuerst, Selbstbeschäftigung dann, wenn Zeit ist“-Strategie kommt nicht vor, Konzepte wie „Systempflege nur dann, wenn der Benutzer nichts tut“ oder „Focus-Stealing-Prevention“ sind mir in befriedigend funktionierendem Stadium nicht untergekommen. Da sehe ich deutlichen Handlungsbedarf.
tl;dr:
Wir verpulvern einen Großteil unserer Produktivität für die Dressur schlecht designeter Soft- und Hardware statt für die Dinge, die wir erledigen wollen oder müssen.